Erica Burett: “Der harte Weg vom Au Pair aus Kenia zum erfolgreichen Tech Consultant”

Folge: 19

Erica Burett kam vor 9 Jahren als Au Pair aus Kenia nach Deutschland. Im Gepäck hatte sie ihren Traum von einem Studium an einer deutschen Universität. Doch bis sie sich ihren Traum erfüllen konnte, musste Erica einen sehr steinigen Weg gehen. In Folge 19 von “Mehr Mut zum Glück” erzählt sie ihre inspirierende Geschichte.

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Überblick Erica Burett

Die Grundlage für dieses Interview stammt jetzt nicht aus einem Buch, sondern ich bin über LinkedIn auf die tolle Geschichte von Erica Burett gestoßen. Schon im Frühjahr hatte ich sie angeschrieben und wir hatten dann im Juli unseren Interviewtermin.

Erica kam vor 9 Jahren als Au Pair nach Deutschland. Ihr oberstes Ziel war ein Studienplatz an einer deutschen Universität. Das gestaltete sich aber gar nicht so einfach und Erica musste wirklich einen steinigen Weg gehen bis sie ihr Ziel erreichte. Und der Weg in die deutsche Arbeitswelt war auch nicht so einfach wie man denken könnte.

Heute arbeitet sie als erfolgreicher Tech Consultant und hat mit The Career Lounge ein Karrierenetzwerk aufgebaut. Sie war auch der erste Gast im neuen Podcast “AufsteigerInnen” von Tijen Onaran.

Ich musste auf jeden Fall mehrfach beim Interview schlucken und habe wirklich höchsten Respekt vor Erica. Lass dich von dem Interview inspirieren, um zu sehen, was alles möglich ist, wenn man daran glaubt.

Shownotes

Erica Burett: Wie es ist von Null zu starten

Du bist vor 9 Jahren als Au-Pair aus Kenia nach Deutschland gekommen. Wie war die Erfahrung für Dich?

Das war eines der härtesten Erfahrungen meines Lebens. Rückblickend war das aber alles gut und auch notwendig für meine persönliche Entwicklung.

Der Wunsch meiner Eltern war damals, dass ich eine zusätzliche Sprache zur Muttersprache lerne. Also habe ich Deutsch gelernt. Meine Deutsch-Lehrerin hat mir dann beim Abi vorgeschlagen ein Au-Pair Jahr in Deutschland zu machen.

Es war alles sehr anders in Deutschland. So viele weiße Menschen, andere Gerüche und eine ganz andere Mentalität. Außerdem war ich in Deutschland in einem kleinen Dorf mit vielen Kühen und nur alle 4 Stunden kam ein Bus – dabei dachte ich, ich komme ins moderne Europa mit U-Bahnen!

Außerdem war es überraschend für mich, dass ich mich am Anfang kaum auf Deutsch unterhalten konnte. So eine Sprache lernt man erst, wenn man wirklich vor Ort ist.

Portraitfoto Erica Burett
Erica Burett

Wie war die erste Zeit in Deutschland für Dich? Wie lief es mit der Gastfamilie?

Das war gut. Ich hatte ein Taschengeld von 230 Euro pro Monat. Das war für mich damals echt viel und ein tolles Gefühl, weil es selbstverdientes Geld war.

Was hattest Du denn nach der Zeit in Deutschland geplant?

Ich habe ein sehr gutes Abi, von daher wollte ich entweder in Deutschland oder in Kenia studieren.

Leider hatte ich keine Unterstützung, um in eine Uni zu kommen. Mein gutes Abi und die Sprachkenntnisse in Deutsch und Englisch haben es mir aber doch ermöglicht.

Stattdessen hast Du ein freiwilliges soziales Jahr gemacht und von sehr wenig Geld gelebt. Wie hast Du es trotz der ganzen Widrigkeiten geschafft durchzuhalten?

Ich wusste ja, das ist nur eine Übergangs-Phase. Nach der Erfahrung als Au-Pair wollte ich mein eigenes Ding machen und selbstständig leben.

Von meinem 300 Euro Gehalt habe ich mir ein 175 Euro Zimmer geleistet, eine Krankenversicherung für 30 Euro und etwa 80 Euro monatlich für Essen.

Ja-Produkte haben mir das Leben gerettet! Mein größtes Thema war die Kommunikation. Leider konnte ich mich kaum mit den Kollegen vernetzen und war immer „die liebe Erica aus Kenia“.

Du wolltest auch in Deutschland studieren nachdem Du in Kenia schon Dein Abitur mit einem sehr guten Ergebnis gemacht hast. Das ging aber nicht so einfach, oder?

Die Bewerbung selbst war nicht schwierig, wegen meinen guten Noten. Was ich nicht wusste war, dass es noch Aufnahme-Tests gab. Für den Bereich Wirtschaft war es für die Fächer Mathematik, Deutsch und Englisch.

Die Kosten für die Bewerbungsphase waren für mich so hoch, dass ich mich nur für Frankfurt beworben hatte. Von 700 Bewerbern wurden 30 angenommen. Ich konnte es nicht glauben, dass ich dabei war! Endlich hatten sich all die Mühen gelohnt.

Wie hast Du das geschafft neben der Arbeit tagsüber auch noch Dein Deutsch
weiter zu verbessern?

Bei meinem freiwilligen sozialen Jahr habe ich schwerstbehinderte Menschen gepflegt. Das war körperlich und psychisch eine sehr harte Arbeit und hat mich an den Rand meiner Belastungsgrenze gebracht.

Nachdem ich abends mit der Arbeit fertig war, war ich ein anderer Mensch und dann ging es nur noch um mich und meine Ziele. Außerdem hatte ich klar vor Augen: Wenn ich es nicht schaffen würde, muss ich vielleicht mein Leben lang solche Jobs machen, was ich auf keinen Fall wollte!

Neben dem Studium hast Du als Putzfrau gearbeitet. Von wie viel Geld hast Du denn während des Studiums leben können?

Das Studium war für mich das große Ziel und das hat mir große Freude gebracht! Laut meinem Visum musste ich 120 Tage im Jahr arbeiten. Das war für mich Luxus pur, dass ich weniger als 8 Stunden pro Tag gearbeitet hab für 450 Euro im Monat und nebenbei noch studieren konnte.

Ich hab erstmal mit Putzen angefangen, weil ich das durch die Au-Pair-Tätigkeit schon kannte. Dass es sowas wie Werkstudent gibt, wusste ich damals nicht.

Als ich mitbekommen habe, dass meine Kommilitonen Jobs bei Lufthansa und anderen großen Unternehmen hatten, habe ich etwas geändert.

Ich dachte wenn ich als Babysitter oder Kellner arbeite, habe ich so die Möglichkeit über die Eltern an die Unternehmen oder über die Restaurant-Besitzer an Events dranzukommen. Und so bin ich dann schließlich auch bei meinem ersten Praktikums-Platz gelandet.

Während des Praktikums und auch nach dem Studium musstest Du Dich in der Business-Arbeitswelt und mit der Arbeitskultur zurecht finden. Wo lagen hier die Herausforderungen?

Zuerst einmal, dass nirgends darüber gesprochen wird, wie schwierig es ist, sich aus einer fremden Kultur in diese Arbeitskultur zu integrieren. Nicht in der Uni, nicht in Kenia, nicht in dem Unternehmen. Auch weil die Arbeitskultur komplett anders ist als die sonstige Kultur im sozialen Umgang.

Beispielsweise die klare Trennung zwischen Arbeitswelt und Privatem, die Hierarchien oder wie man eine professionelle E-Mail formuliert. Außerdem musste ich mich in einem männerdominiertem Feld durchsetzen, in dem es wenig Ausländer und schwarze Menschen gab.

Die Frage war also: Wie positioniere ich mich so, dass ich auch ernst genommen werde? Ich merkte schnell, dass es da nicht nur um die Ergebnisse geht.

Heute habe ich diese Herausforderungen gemeistert. Dafür war viel Schweiß und Blut nötig. Nach der Banking-Industrie hatte ich mich für den Beratungsbereich entschieden, weil ich wusste, dass dies meiner Entwicklung gut tut. Diese Herausforderungen habe ich aber auch gezielt gesucht.

Portraitfoto Erica Burett
Erica Burett

Erica Burett: The Career Lounge

Du hast Dir vorgenommen, die ganzen Erfahrungen, die Du gemacht hast, weiterzugeben, damit andere Menschen in der gleichen Situation davon profitieren können. Dafür hast Du The Career Lounge gegründet. Was steckt dahinter?

Ich hatte festgestellt, dass nicht nur die internationalen sondern auch die deutschen Absolventen Schwierigkeiten hatten, sich erfolgreich in den ersten Jahren des Berufslebens zu navigieren.

Die Plattform „The Career Lounge“ begleitet für Studenten den Übergang von der Universität zum Arbeitsleben.

Wir bieten beispielsweise Templates für Lebensläufe an, die mit Personalmitarbeitern entwickelt werden. Außerdem verbinden wir Studenten mit „Career Buddies“ also Mitarbeitern aus der jeweils passenden Branche wie Tech, Banking, Marketing usw.

Hast Du Dein Glück mittlerweile gefunden?

Ich würde sagen ja. Deutschland ist mittlerweile meine zweite Heimat geworden.

Die Kultur ist mittlerweile auch ein Teil von mir. So ganz passe ich nirgends rein, weder in Kenia noch in Deutschland oder in ein Unternehmen.

Aber ich habe gelernt mich anzupassen und diese ganzen Herausforderungen haben mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin.

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