“Vom Arzt zum Journalist bis hin zum Abenteurer” – Interview mit Dr. Dirk Rohrbach

Folge: 23

Dirk Rohrbach entwickelte auf Reisen durch die USA eine starke Leidenschaft für das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Nach einer sechsmonatigen Reise auf dem Fahrrad quer durch Nordamerika beendete er seine Tätigkeit als Arzt. Fortan arbeitete er nur noch als Radiomoderator. Nach einer weiteren langen Reise kündigte er 2010 auch diesen Job. Seit elf Jahren ist er nun als Fotograf, Abenteurer, Buchautor und Podcaster in Nordamerika unterwegs. Seine spannende Geschichte erzählt er in Folge 23 von “Mehr Mut zum Glück”.

Inhalt

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Biografie von Dirk Rohrbach

Wenn einen die Leidenschaft einmal so richtig gepackt hat, lässt sie sich nur schwer wieder einfangen. Das führt dann zu abenteuerlichen Lebenswegen und etwas anderen Karrieren.

Bei „Mehr Mut zum Glück“ habe ich häufig solche Menschen zu Gast, die ihren Mut zum Glück oft bewiesen haben. Und auch zum Start des neuen Podcast-Jahres habe ich mit Dr. Dirk Rohrbach einen solchen Gast.

Portraitfoto Dirk Rohrbach
Dirk Rohrbach. Foto: Claudia Axmann

Dirk ist eigentlich promovierter Orthopäde und Radiomoderator mit einer starken Leidenschaft für die USA.

Als Europäer paddelt Dirk Rohrbach mit dem Kanu über den Yukon River und mit dem Fahrrad rund um die Vereinigten Staaten führten dazu, dass er ein Leben als Abenteurer und Fotograf führen wollte und auf die klassische Karriere verzichtete.

Wie es dazu kam und warum er schon seit 11 Jahren keinen festen Wohnsitz mehr hat, erzählt Dirk Rohrbach heute bei „Mehr Mut zum Glück“.

Vom Arzt Rohrbach zum Journalisten

Dirk Rohrbach ist ein absoluter Wunschgast von mir. Durch Zufall stieß ich auf seinen Podcast „50 States“ für den Bayerischen Rundfunk und habe alle Folgen innerhalb kürzester Zeit durchgehört. Neben Andreas Kieling zählt zu den populärsten Abenteurer Deutschlands.

Im Interview erzählt Dirk jetzt noch etwas mehr über seine ganzen Touren durch die USA, die er seit 30 Jahren bereist, und die Geschichten, die dahinter stecken.

Der Journalist, Abenteurer und Arzt hat verschiedene Dokumentationen über seine Touren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemacht. Darüber hin aus ist er Autor mehrerer Bücher.

Egal ob Amerikas Heartland, von den Mountains zu den Great Plains und den mittleren Westen oder mit dem Kajak zum Golf von Mexiko, Dirk Rohrbach hat vieles gesehen. Zur Rettung der Sprachen der amerikanischen Ureinwohner im mittleren Westen unternimmt er auch einiges.

50 States: Jede Episode ein US-Staat

2021 kam sein neues Buch “Im Fluss” bei Piper heraus. In dem Buch paddelt Dirk Rohrbach Nordamerikas längste Flüsse Mississippi und Missouri von der Quelle bis zur Mündung. Außerdem hält Dirk Rohrbach Vorträge und Live-Reportagen in Deutschland. Er pendelt ohne festen Wohnsitz zwischen Deutschland und den USA.

Mit dem Podcast “50 States” hat er noch ein sehr spannendes Projekt gestartet. Jede Episode steht für einen US-Bundesstaat.

Shownotes

Zusammenfassung des Interviews

Ich bin froh, dass unser Interview doch noch klappt, denn Du bist vorgestern aus Nordamerika zurückgekommen nach einer langen Zeit in den USA, oder?

Ja genau, ich war 14 Monate am Stück in den USA – so lange wie noch nie vorher aufgrund der Lockdowns. Jetzt bin ich zum Glück wieder in Deutschland.

Was bedeutet Dir persönlich Glück?

Das zu tun, was ich möchte und die Freiheit zu haben, das ausleben zu dürfen. Das empfinde ich als großes Glück, das ich das tun kann.

Du bist promovierter Arzt und hast einige Jahre in einer Praxis in Bayern gearbeitet. Warum praktizierst Du nicht mehr als Orthopäde?

Ich bin eine ganze Zeit lang dreigleisig gefahren. Parallel zum Medizin-Studium war ich als Radiomoderator aktiv. Ich bin immer gerne gereist und habe fotografiert.

Irgendwann war das ein bisschen zu viel. 2004 habe ich mir dann eine Auszeit genommen und in Amerika eine 6-monatige Fahrradreise von fast 15.000 Kilometern gemacht. 

Nach dieser Reise fühlte sich Deutschland irgendwie zu eng an. Ich habe mich gefragt: Was will ich denn eigentlich vom Leben? 

Dann habe ich zuerst den Beruf als Arzt an den Nagel gehängt. 2010 habe ich den großen Cut gemacht und auch den Radiomoderator-Job aufgegeben. Ich bin dann wieder in die USA, um zu reisen, Menschen zu treffen und das zu dokumentieren. Jetzt, also 11 Jahre später, bin ich immer noch nomadisch unterwegs und sehr glücklich damit.

Foto Dirk Rohrbach Yukon River
Dirk am Yukon River auf seiner Kanu-Reise.

Hat dich eine klassische Karriere nicht gereizt? Wie kommst du über die Runden?

Karriere ist ja Definitionssache. Eine klassische Karriere, bei der man Erwartungen anderer erfüllt und eine Leiter hochklettert, hat mich nie gereizt. Die Karriere als Abenteurer dann schon eher.

In Deutschland gibt es eine recht große Szene von Fotografen und Referenten, die Touren machen und über ihre Reisen erzählen. So habe ich die Möglichkeit gefunden, mehr als gut über die Runden zu kommen und immer wieder neue Reisen machen zu dürfen. Ohne festen Wohnsitz sind die Kosten auch überschaubar.

An so Konzepte wie Rente denke ich nicht. Ich glaube fest daran, dass ich bis ans Ende meiner Tage Reisen und Dokumentieren werde. Wenn es körperlich auf dem Fahrrad nicht mehr geht, dann eben mit dem Geländewagen.

Danach bist Du eine zeitlang Radiomoderator gewesen. Warum hat Dich das so gereizt?

Vor allem die Musik, Rock’n’Roll aus den 50er Jahren. Ich habe schon als kleiner Junge Radiosender geliebt, die diese Musik spielten und etwas über die Künstler erzählt haben. Da dachte ich mir: Das möchte ich auch mal machen!

Nach einem Praktikum habe ich mich für den Beruf des Radiomoderators entschieden und das parallel teilweise parallel zum Medizinstudium. Insgesamt habe ich dann 8 Jahre parallel als Arzt und Radiomoderator gearbeitet. Entweder vormittags Radiomoderation und nachmittags die Arztpraxis – oder umgekehrt. 

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Woher kommt Deine Faszination für die USA?

Das frage ich mich auch immer wieder. Ein Grund ist sicherlich, die Musik – einige meiner Lieblingskünstler kommen aus den USA. Dann war in meiner Heimatstadt in Hessen schon immer ein großer amerikanischer Einfluss.

Dort gibt es amerikanische Kasernen, ich habe Basketball gespielt, wo wir amerikanische Coaches hatten. Ich habe angefangen einen amerikanischen Radio-Sender aus Frankfurt zu hören und amerikanische Filme oder Serien zu schauen. Diese Faszination brennt bis heute.

2004 kam es zu ersten Änderungen in der Dirk Rohrbach Biographie. Was passierte damals?

Ich hab das entschleunigte Reisen mit dem Fahrrad in Deutschland schon zu schätzen gelernt. Also wollte ich das Gleiche in den USA tun und habe dort einmal die USA umrundet, in Florida gestartet.

2010 hast Du den Yukon River in Alaska mit dem Kajak auf einer 3.000 Kilometer langen Reise erkundet. Wie kam es zu dem Abenteuer Yukon und wie bist du auf die Idee gekommen, das zu machen?

Der Yukon war schon ein Kindheitstraum. Ich dachte mir die Landschaft dort muss der Inbegriff von Freiheit sein. Um ein Gespür für die Landschaft zu bekommen, habe ich 2009 eine kleine Kajak-Tour dort gemacht. Damit war klar: Dort werde ich eine größere Reise machen und von der Quelle bis zum Meer paddeln.

Diese Reise hat mich endgültig „versaut“ und ich konnte seither nie mehr zurück in ein normales Leben!

Das schönste an diesem „Beruf“ ist für mich, wenn ich Menschen auf Vorträgen inspirieren kann und die Begeisterung weitergebe.

Foto Dirk Rohrbach mit Fahrrad
Dirk auf dem Trip mit dem Fahrrad rund um die USA.

Die USA hast Du auf komplett unterschiedlichen Wegen erkundet. Mit dem Auto, dem Kajak und dem Fahrrad bist Du kreuz und quer durch die Staaten gefahren. Welches war Deine inspirierendste Reise?

Die beiden wichtigsten Reisen und Wendepunkte in meinem Leben waren die USA-Fahrrad-Reise 2004 und die Yukon-Kajak-Reise 2010. Mich reizen ungewöhnliche Reisen auf denen kaum Touristen unterwegs sind. Alle Einheimischen, die ich auf meinen Reisen getroffen habe, waren unglaublich hilfsbereit und offen. Das hat mich sehr getragen.

Ich habe Dein neuestes Buch „Im Fluss“ gelesen, das über Piper rauskam. Dort beschreibst Du Deine Reise mit dem Kajak den Missouri und Mississippi die Flüsse von der Quelle herunter zum tiefen Süden zum Golf. Immer wieder hast du damit gehadert weiterzupaddeln. Was treibt Dich in solchen Momenten an?

Das frage ich mich in den Momenten auch. Ich habe aber schon immer alles, was ich angefangen habe, auch zu Ende gemacht. Natürlich ist es zwischendurch mal unangenehm, aber der Wunsch ans Ziel zu kommen, wie ich mir das vorgestellt habe, überwiegt.

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Besonders skurril war der Start dieser Reise. Um Dein Kajak zu bauen bist Du nach Slab City gefahren. Was ist Stab City und warum hast Du ausgerechnet dort begonnen?

Slab City kannte ich aus dem Film „Into the Wild“, der zum Teil dort spielt. Das ist keine Stadt sondern ein ehemaliges Militär-Basis-Lager. Heute wohnen dort Camper, Aussteiger und Kreative – ohne Strom oder Wasseranschluss. Ich fand das Lebensmodell interessant und wollte deshalb unbedingt dorthin. 

Über Airbnb habe ich dort einen Camper gefunden, in dem ich günstig wohnen und in Ruhe mein Kajak bauen konnte.

Dein neuestes Projekt ist ein Podcast für den BR. In dem Podcast berichtest Du über spezielle Menschen und Geschichten aus den 50 US-Staaten. Welche Story hat Dich persönlich am meisten beeindruckt?

Das ist schwer zu sagen, weil jede Geschichte auf ihre Weise besonders ist. Mich beeindrucken generell Menschen, die sich trauen außerhalb der Konventionen und Erwartungen zu leben. 

Auf die Frage „Wie gehst du damit um, was deine Nachbarn über dich denken“ hat mich die Antwort eines Künstlers besonders berührt: „Das ist mir egal. Es kann mir nur was anhaben, wenn ich es zulasse.“

In South Dakota habe ich Ureinwohner besucht, wo auch der Film „Der mit dem Wolf tanzt“ gedreht wurde. Die Ureinwohner dort mussten Kriege erleiden und man versuchte sie auszurotten, was die Nachfahren bis heute bewegt. Bis heute gibt es dort viele Probleme wie Arbeitslosigkeit und Alkoholabhängigkeit.

Das waren besondere Geschichten, die wir dort erleben durften. Also haben wir einen Verein gegründet zur Unterstützung indigener Völker, die Bewahrung der alten Traditionen und Sprachen. Das liegt uns am Herzen.

Hat Dirk Rohrbach Familie?

Warum reist Du eigentlich überwiegend allein?

Weil dadurch die Verbindung mit den Menschen gefühlt intensiver ist. Beim alleine Reisen bin ich viel offener und Einheimische kommen eher auf mich zu, weil sie z.B. denken, dass ich Hilfe brauche.

Außerdem kann ich beim Reisen meinen Rhythmus beibehalten und muss auf niemanden Rücksicht nehmen. In manchen Momenten denkt man sich aber schon, dass es jetzt schön wäre, diesen zu teilen oder sich in schwierigen Momenten gegenseitig aufzubauen.

Wirst Du irgendwann mal sesshaft oder bleibst Du ein Abenteurer?

Es gibt Momente, in denen ich mir wieder ein Zuhause wünsche. Aber jetzt habe ich erstmal das Fifty-States-Projekt, das wird mich die nächsten Jahre noch beschäftigen. Auch mit dem Fahrrad und Kajak will ich noch einige Orte in den USA besuchen um meine Reisen zu „vervollständigen“. 

Ich kann mir schon vorstellen, irgendwann wieder sesshaft zu werden und auch damit glücklich zu sein – nur wo ist die Frage!

Hast Du schon neue Pläne für weitere Reisen und Projekte oder bleibst Du erstmal wieder in Deutschland?

Bis März 2022 habe ich noch die Vortragstour in Deutschland. Das ist eine Art Live-Reportage. Das heißt, ich zeige auf einer Leinwand Bild- und Videoausschnitte mit Musik unterlegt und erzähle die Geschichten dazu. 

Danach geht’s wieder in die USA für die Produktion weiterer Podcast-Folgen der Fifty-States-Reihe. Außerdem wird meine Fluss-Reise weiter dokumentiert.

Foto Dirk Rohrbach mit Kanu
Dirk auf dem Missouri mit seinem selbstgebauten Kajak. Bild: Claudia Axmann

Bilder: Dirk Rohrbach, Claudia Axmann

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Im Premieren-Interview von “Mehr Mut zum Glück” habe ich die Apnoetaucherin Anna von Boetticher zu Gast. Sie hat im letzten Jahr das Buch “In die Tiefe: Wie ich meine Grenzen suchte und Chancen fand” veröffentlicht, das mich beim Lesen nachhaltig beeindruckt hat. Darin geht es in erster Linie um persönliche Entwicklung, die Anna wie kaum eine Zweite vermitteln kann. Wir sprechen im Podcast über ihren etwas anderen Lebenslauf, genutzte Chancen und positive Denkmuster, die einem nachhaltig weiterhelfen.